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Für manch eine/n mögen die gängigen Preise der heutigen Tattooszene auf den ersten Blick hoch wirken und vornweg möchte ich sagen: Ja, Kunst ist teuer.




Kunstwerke sind ein Luxusgut

Kunst, und auch Tätowierungen sind ein Luxusgut und nichts, dessen Bezahlung sich jede und jeder mal eben aus dem Ärmel schütteln kann. Das ist aber auch in Ordnung, denn wenn man drei Monate darauf hingespart hat, sich das ersehnte Kunstwerk endlich leisten zu können, fängt die Reise erst an. Man bekommt ein (so hoffe ich doch) einzigartiges Design, welches man ein Leben lang auf dem eigenen Körper tragen wird. Angenommen Du wirst 80 Jahre alt und lässt Dir mit 30 Jahren ein Tattoo stechen, welches Dich 300€ kostet. Du trügest dieses Tattoo bei der Berechnung also 50 Jahre lang bei Dir, könntest es Dir ansehen und es würde zu einem Teil von Dir werden. Multipliziert man 50 mal 365 (die Anzahl der Tage in einem Jahr), ergibt das 18250, die Anzahl der Tage, an denen Du das gekaufte Kunstwerk auf Deinem Körper trägst. Somit würde es Dich (300€ geteilt durch 18250 Tage) genau 0,016€ pro Tag kosten. Und nun stelle Dir die Frage: ist das wirklich zu viel? Für etwas, das Du so schön findest, dass Du es Dir für immer unter die Haut stechen lässt?

Ein noch viel realerer Grund für die Preisgestaltung von Tätowierungen liegt darin, dass wir als Tattooartists in den allermeisten Fällen selbstständige KünstlerInnen und ggf. Gewerbetreibende sind, womit unzählige unbezahlte Stunden Arbeit einhergehen, die Backstage passieren, allerdings nicht minder wichtig sind und definitiv zu dem führen was ein Tattooartist im Jetzt an Stilsicherheit, Konzept und handwerklicher Bravur hervorbringt. Unsere Ausbildung ist keine offizielle, vorallem bedeutet das, das wir während der Zeit in der wir uns das Wissen und die Fähigkeiten aneignen, die zum Tätowieren notwendig sind, nicht bezahlt wurden. Der Weg zu diesem Beruf ist jedes Mal ein Risiko, das man eingeht. Es kann in Erfolg münden, oder aber auch darin, dass man sehr viel Geld für notwenidiges Material und Möbel ausgegeben hat, welches im Nachhinein zum Fenster herausgeschmissen wurde, wenn unsere Tattoos keinen Anklang finden. Der Aufbau eines Tattoobusinesses ist also immer mit einem gewissen Risiko verbunden. Der Alltag als Tattooartist besteht nur zu einem geringen Anteil aus der Tattoosession mit den KundInnen. Das was ihr seht ist nicht alles. Im Hintergrund geht es ganz viel um Kreativität auf Knopfdruck, Stilfindung, Zeichnen, Zeichnen, Zeichnen, Socialmediacontentproduktion, Socialmediaplanning, Kundenkommunikation, Werbung, Websitegestaltung, die Gestaltung eines eigenen Online-Auftritts eingebettet in ein schlüssiges Corporate Design, Materialbeschaffung, Reinigung der Räumlichkeiten, AGB´s, Datenschutz, Steuererklärung (alle Selbstständigen kennen den Struggle!), hohe Krankenversicherungsbeiträge und andere Versicherungen, Buchhaltung sowie gegebenenfalls hohe Abgaben an das Studio bei dem man arbeitet, bei Guestspots sind das zwischen 20 und 40% der Einnahmen. Der beflügelnde kreative Teil dieses Berufes ist nur die Spitze des Eisbergs. Ihr bezahlt also nicht nur für Euer Tattoo, sondern ein bisschen auch jedes mal dafür, dass die Person, die es Euch sticht und aus dessen Feder es stammt, sich ernähren kann und diesen Beruf auch weiter ausüben kann. Wenn ihr also 170€ für eine Stunde bei mir bezahlt, bleiben mir nach Abzug aller aufgezählten Entbehrungen wenn überhapt die Hälfte davon übrig.



Ein passendes Zitat von Rashida Cotton

„When buying from an artist you are not just buying an object or service. You are buying hundreds of hours of failures and experimentation. You are helping to make moments of frustration and moments of learning worth the pain and struggle most artists had to endure. You´re buying a piece of heart, part of their soul, a moment of someone´s life. And most importantly you are supporting the artist and buying more time for them to do what they are passionate about and whose outcome you seem to enjoy. You are the reason they can make a living out of their art. Thank you“

Es war mir von Anfang an wichtig, mich nicht als Dienstleisterin aufzustellen, sondern als Künstlerin. Es ist praktisch, sich selbst als jemand zu verstehen, die einfache Kundenwünsche in die Realität umsetzt. Lukrativer ist es allemal.




Aber mich hat es nie gereitzt die typischen Tattoomotive, wie ich sie schon hundert mal gesehen habe, zu stechen. Ein Herzchen, ein Sternchen, ein Schriftzug im Andenken an die Oma. Dafür sind andere da, denen das bestimmt Freude bereitet. Mir allerdings nicht. So sah ich von Anfang an zu, meine persönliche Handschrift in einen wiedererkennbaren Stil zu verwandeln, was nicht immer einfach ist. Teile der Stilfindung geschehen quasi ganz von selbst, andere jedoch sind bewusste Entscheidungen, die man treffen muss, um nicht in einem fort Illustrationen zu erschaffen, deren Formensprache man sich unterbewusst irgendwo abgeschaut hat. Ich denke man muss in diesem Feld klar unterscheiden zwischen einem gewissen Maß an Inspiration, die man selbstverständlich von Kollegen und Kolleginen bekommt, was aber nicht bedeutet, das man geistiges Eigentum und Stilelemente anderer einfach übernehmen und hier und da in die eigenen Arbeiten einfließen lassen sollte. Gegebenenfalls handelt es sich dabei sogar um rechtswidrigen Motivklau, der vom Urhebenden der Originalwerke angezeigt werden kann. Die Herausforderung besteht in meinen Augen darin, überhaupt erstmal herauszufinden welche Texturen, welche Linien und Formensprache mir inneliegt und was ich inhaltlich ausdrücken möchte.


Was kommt von selbst und auf was lege ich dann bewusst den Fokus?


Sowohl eine gewisse Festlegung auf stilistische Mittel, als auch Tendenzen im Inhalt, also Hauptthemen, denen man sich widmet, ergeben in Kombination die Ästhetik, die einen Wiedererkennungswert ausmachen. Künstlerin, nicht Dienstleisterin sein, das bedeutet für mich eine Bekenntnis. Sie stellt mich vor die Herausforderung, mich in meinen Ausdrucksformen (zumindest was die Tattoopräsenz angeht) zu begrenzen und gleichzeitig immer neue Wege zu suchen, um meinen Stil innerhalb seiner Regeln weiterzuentwickeln. Schließlich soll die Arbeit ja vorallem mir selbst etwas geben. Erst dann kann ich wirklich motiviert und inspiriert die Tasttookompositionen erschaffen, die auch den Menschen gefallen, die sie tragen möchten. Ich bin so dankbar dafür, dass ich zum jetzigen Zeitpunkt nach nur etwas über zwei Jahren in dieser Tätigkeit zu über 60% Wannadoanfragen bekomme. Ich sende meine Ideen und Arbeiten in die Welt hinaus und irgendjemand sieht sie und denkt sich: Das möchte ich zu einem Teil von mir machen. Das Maß an Vertrauen, das mir damit als Künstlerin, aber auch als Person entgegengebracht wird, ist hoch. Ich sehe mich als tätowierende Künstlerin, die in erster Linie ihre eigene Kunst auf die Leinwand Mensch bringt. Und, wie bei vielen TätowiererInnen, ist es auch mein Traum eines Tages fast nur noch Wannados stechen zu können.

Dennoch möchte ich hinzufügen, dass ich die allermeisten meiner KundInnen, die ein Customwork anfragen, als sehr offen wahrnehme. So kann auch die Gestaltung eines Customdesigns oft unerwarteterweise neue Imoulse in meinen Schaffensprozess bringen, für die ich meinen KundInnen zuweilen sehr dankbar bin. Offensichtlich gelingt es mir auch, meine gezeigten Arbeiten alle deutlich in einen Stil einzubetten, dessen roter Faden unschwer erkennen lässt, dass ich die Anfrage nach einem realistischen Poträt eines biertrinkenden Nashorns höchstwahrscheinlich nicht entgegennehmen werde.







Wie schon an anderen Stellen beschrieben, dienen mir in erster Linie die Natur, aber auch die eigene Innere Gefühlswelt zur Hauptinspiration für meine Arbeiten. Manchmal ist es eine Bewegung, manchmal Musik. Oft entstehen meine Konzepte nicht als Produkte einer bewussten Überlegung, sondern ganz irrational im Traum, wie aus einer Vision, die mir einfach vor dem inneren Auge erscheint.






Mich faszinieren bestimmte Details in der Natur sehr, z.B. die Formen in der Rinde eines Baumes, die feinen Fasern von Pilzen, oder die Eleganz in der Biegung von Farnen und Zweigen. Aber auch die Schlieren, die entstehen, wenn sich heller mit dunklerem Sand mischt, oder die Struktur von Wasseroberflächen, sowie die fraktale Geometrie, die sich an einigen Stellen in der Natur widerspiegelt, versetzt mich immer wieder aufs Neue in eine große Bewunderung. Ich gehe in den Wald, am liebsten alleine und schaue mir alles ganz genau an.


Es ist wie Heim kommen, auch, wenn das kitschig klingt


Umgeben von der Stille des Wassers und dem dumpfen Geräusch der Wellen, die auf den Sand schlagen, oder umgeben von Vogelgesang und dem Rauschen der Bäume fühle ich mich am wohlsten. Das sind die Momente, die mir zeigen, wo ich hingehöre und wo mein Ursprung liegt. Die Formensprache der Natur versuche ich in meinen Illustrationen und Körperkonzepten in abstrakter und stilisierter Art und Weise mit dem Menschsein und vorallem dem Thema Weiblichkeit zu verbinden. Auch der Kontrast, also kontrastreiche ästhetische Kreationen und Kompositionen haben mich schon immer fasziniert, da in ihnen die visuelle Spannung liegt, die ein Kunstwerk haben kann. So inspirieren mich kunsthistorisch gesehen vorallem die übertriebene Harmonie und Fluidität des Jugendstil sowie die finstere Absurdität des Symbolismus und des Surrealismus. Von beiden Kunstrichtungen lasse ich bewusst Elemente in meine Kunst einfließen. Des weiteren denke ich, dass alles was ein











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